Kapitel 2
Handwerk / Technik / Kunst
Wenn man in einem Seminar mehreren Menschen die gleichen Aufnahmen gibt, um daraus einen Film zu montieren, wird es sicher nicht zwei identische Ergebnisse geben. Carol Littleton, die unter anderem E-T. - der Außerirdische, Body Heat und The Mandschurian Candidate geschnitten hat, sagte zu dem Thema in einem Interview: „I was involved in arbitrating a film credit. Two editors worked on the same material, with the same director, same shots, same script. It was interpreted by two different editors, and the two versions were radically different....actually seeing the difference was so amazing to me. The editors influence on the material was extraordinary.“ (Gabriella Oldham / „FirstCut-Conversations with Film Editors“ / 1995, p 66)
Hinzu kommt, dass man dem fertigen Film nicht ansehen kann, welches Material verwendet wurde, warum also die Entscheidung getroffen wurde, etwas so und nicht anders zu machen. Anders als bei der Kameraführung oder der schauspielerischen Leistung, wo das Ergebnis deutlich sichtbar ist und jeder darüber diskutieren kann, ist beim Schnitt nichts offensichtlich. Wenn das Timing im fertigen Film nicht stimmt, die Erzählung nicht voran kommt oder unverständlich bleibt, kann man vermuten, dass der Schnitt nicht optimal ist. Man weiss dann aber immer noch nicht, ob das entsprechende Material für bessere Lösungen vorhanden war.
Die Grundlage für Entscheidungsmöglichkeiten im Schnitt stellen verschiedenen Einstellungen dar, die ein Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven darstellen.
Der Gedanke, dass man Geschichten mit verschiedenen Einstellungen erzählen kann, entstand erst einige Jahre nach der Entdeckung des Filmmaterials. Die folgenden Seiten geben deshalb einen kurzen Abriss über die Geschichte der Filmmontage.